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Alt 16.11.2017, 16:00   #1 (permalink)
broda
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broda befindet sich auf einem aufstrebenden Ast

Standard Xilence Performance X 550W Userreview Test

Xilence Performance X 550W Userreview

Update 25.11.2017

Inhalt


Äußeres
Inneres
(Elektrische) Messwerte, Eindrücke aus dem Betrieb und Analyse der Schutzschaltungen
Bewertung und Fazit

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Äußeres

Umverpackung und Packungsinhalt

Sämtliche Infos die sich auf dem Karton des Performance X finden lassen, können auf den Bildern nachvollzogen werden - ins Auge sticht mir hier jedoch ein Detail, was (bisher) noch rar gesät ist: Das Netzteil nimmt am ecoPSU Programm Teil, bei dem die Effizienzdaten von verschiedenen Netzteilen im Detail in einer Datenbank gesammelt werden. Die Effizienzdaten können einfach über einen QR-Code auf der Verpackung abgerufen werden.

Der Aufdruck auf den Seiten des Kartons ist im übrigen für alle gleich.


Das Netzteil

Umso unspektakulärer das Gehäuse des Netzteil selbst ist, umso auffälliger ist der typisch rote Xilence Lüfter. Über dessen Lager kommt das Xilence Logo nicht übersehbar zur Geltung.
Ungewöhnlich und für Optik-Fans interessant: Das Label des Netzteils verschwindet beim Einbau in ein Gehäuse mit Lüfter nach unten in Richtung des Kabelmanagements. In Richtung des Innenraums des Gehäuses verbleibt nur eine dezente "XILENCE"-Gravur.
Ein Aufkleber über der Kaltgerätebuchse weist darauf hin, dass das Netzteil nur für den Betrieb im 230VAC Netz geeignet ist.


Kabel des Geräts

Die Längen des non-modularen Kabelbaums dieses Netzteils sind bereits auf dem Karton übersichtlich dokumentiert:

20+4 Pin Kabel: 60cm
4+4 Pin Kabel: 60cm
6+2 Pin Kabel: 50cm +15cm
2x SATA, 1x IDE, 1x FDD Kabel: 50cm + 15cm + 15cm + 15cm
2x SATA, 1x IDE Kabel: 50cm +15cm +15cm
2x SATA, 1x IDE Kabel: 50cm +15cm +15cm

Xilence geizt nicht bei den Kabeln, alle Längen wurden bei meinem Muster erreicht, beim PCIe- und beim CPU-Strang sogar um vier bis fünf Zentimeter überschritten.
Alle Peripherie-,PCIe- oder CPU-Kabel sind in AWG18 ausgeführt.

Die größeren Modelle des Netzteils mit 750 und 850 Watt sind modular, die mit 550 und 650 Watt nicht modular.

Garantie

Xilence gewährt eine Herstellergarantie von 12 Monaten, jedoch erst nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung, sofern der Kunde den Kauf seines Netzteils innerhalb von 60 Tagen nach dem Kauf online registriert.

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Inneres

Technik-Übersicht

Im Internet gilt Xin Hui Yuan als OEM, den Xilence für die Fertigung dieser Netzteilserie wählt. Weder fand ich Belege dafür online, noch konnte ich selbst solche am vorliegenden Testmuster ausmachen - jedoch sprechen in der Tat einige Indizien dafür.

Interessant wird das Produkt bereits mit Blick auf die angewandten Topologien: Eine Vollbrücke als Teil des Hauptwandlers - wie sie hier vorkommt - ist in der Klasse der Ausgangsleistung von 550W sehr selten zu sehen.
Weiter wird auf aktive Power Factor Correction, einen LLC Resonanzwandler, synchrone aktive Gleichrichtung und zwei Abwärtswandler gesetzt.

Von dem eigenständigen Öffnen eines Netzteils ist nur jedem abzuraten! Es ist keine Übertreibung, wenn in diesem Zusammenhang von Lebensgefahr gesprochen wird.

https://img.tweakpc.de/images/2017/10/31/Technik.png


Eingangsfilter und erste Gleichrichtung

Der Eingangsfilter des Performance X startet auf einer kleinen Platine direkt am Kaltgeräteeingang und Gehäuseumschalter, auf dieser finden sich ein Paar Y-Kondensatoren und ein X-Kondensator.
Weiter auf der Hauptplatine werden dann die ersten passiven Überspannungs- und -strom-Sicherungen verbaut: Ein Varistor, für den ein Moment der Überspannung bei 350VAC erreicht ist und eine Fuse Sicherung, die bei 6,3A Stromstärke durchbrennt.
Komplettiert wird das Filterelement dann von einer Gleichtaktdrossel, einem X-Kondensator, einer weiteren Gleichtaktdrossel und einem zweiten Paar Y-Kondensatoren.

Die erste Gleichrichtung erfolgt über einen multicomp GBU606L Brückengleichrichter ohne Kühlkörper.


Leistungsfaktorkorrekturfilter

Die Leistungsfaktorkorrektur erfolgt aktiv, gesteuert durch einen NCP1654 Controller vom Halbleiterhersteller ON.
Die Eingangskapazität des Filters beträgt 1µF, Informationen über die Boostspule blieben mir leider verwehrt.
Die Ausgangskapazität wird durch einen 330µF 12KUANG JIN ENTERPRISE Kondensator aus der LR Serie zur Verfügung gestellt. Eine Begrenzung des Einschaltstroms wird per Heißleiter vorgenommen, dieser wird unmittelbar nach seinem Einsatz von einem Relais überbrückt.
Als Leistungshalbleiter kommen ein Champion GPT13N50DG MOSFET und eine NXP BYC8-600 Diode zum Einsatz.


Hauptwandler

Controller des Hauptwandlers ist ein sekundärseitig platzierter Champion CM6901T6, dessen Signale über einen Treibertransformator den Weg in den Primärbereich finden.
Wie bereits eingangs erwähnt wird der LLC-Resonanzwandler primärseitig von einer Vollbrücke angetrieben, die vier MOSFETs dieser Topologie sind in diesem Fall Silan Microelectronics SVF840F.
Daten über Resonanzspule und -kondensator konnte ich leider abermals nicht ausmachen.

Der Haupttransformator selbst verfügt über zwei Sekundärspulen, eine für das -12V Ausgangspotential und eine weitere mit Mittelabgriff für +12V.
Er basiert auf einem ERL39 Kern, Spezifikationen wie zum Beispiel das Wicklungsverhältnis bestimmt der Abnehmer - also Xin Hui Yuan - selbst und damit auch alle daraus resultierenden, interessanten Parameter.


Sekundäre Regelung

Zwei nexperia PSMN1R8-40YLC Schalter werden vom Champion CM6901T6 Controller für die synchrone Gleichrichtung gesteuert. Sie sind im SOT669 Package ausgeführt und somit auf der Rückseite der Platine zu verlöten, ihre Abwärme soll aber durch Kühlkörper auf der Vorderseite von ihnen und der weiteren Platine abgeführt werden, die am Drain der FETs verlötet sind.

Die DC-Ausgangsspannung, die aus dieser Gleichrichtung generiert wird, ist die Eingangsspannung für zwei Abwärtswandler auf einer Tochterplatine.
Beide werden von einem Anpec APW7159C Controller gesteuert, verfügen über je 660µF Eingangskapazität und einem highside- und zwei lowside-MOSFETs des Typen PSMN6R0-30YL von nexperia.
Die Ausgangskapazität beträgt für beide 1120µF auf der Tochterplatine.


Ausgangsbereich

Als Supervisor kommt ein Sitronix ST9S313-DAG zum Einsatz, weiter auch ein Komparator. Dieser wird scheinbar dazu genutzt, eine deutlich niedrigere +12V Spannung bei aktivem Hauptwandler an den Supervisor Input Pin für +12V anzulegen. Dies ergab sich jedenfalls aus einem Abgleich der am Pin anliegenden Spannung mit der an den Ausgängen des Netzteils gemessenen.

Kapazitive Filterglieder neben den bereits erwähnten Polymer-Typen auf der Abwärtswandler-Tochterplatine finden sich auf der Hauptplatine: Je weitere 560µF aus einem Feststoffkondensator für +5V und +3,3V, satte vier 470µF Feststoffkondensatoren für +12V und weitere zwei 2200µF 12KJ WE Kondensatoren, die ebenfalls +12V filtern.


+5VSB Kreis

Controller und Schalter des +5VSB Kreises primärseitig ist ein Infineon ICE2QR4765, der Transformator dazu basiert auf dem EEL19 Kern.
Auf der Sekundärseite wird mit einer Mospec Diode (S20C45C) gleichgerichtet, zwei 2200µF 12KJ WE Kondensatoren glätten die übrig gebliebenen positiven Wellenberge zu einer 5VDC Spannung.


Lüfter

Der Lüfter des Netzteils wird mit "DF1202512SEMN" betitelt, nimmt bei 12VDC Versorgungsspannung maximal 200mA Strom auf, was in einer maximalen Leistungsaufnahme von 2,4W resultiert.
Einen Hersteller bzw. weitere Daten konnte ich dazu nicht ausfindig machen.

https://img.tweakpc.de/images/2017/11/01/f.th.jpg

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(Elektrische) Messwerte, Eindrücke aus dem Betrieb und Analyse der Schutzschaltungen


TweakPC hat für mich einen Test mit einem 550W Xilence Performance X an der hauseigenen Teststation durchlaufen lassen, da ich selbst nicht die Möglichkeit besitze solche Tests durchzuführen. Ich stütze meine Einschätzungen also auf die Ergebnisse aus diesem Test, von dem mir auch die Rohdaten zur Verfügung stehen.

Effizienz

Die Effizienz im 115VAC Netz entfällt bei einer PSU natürlich, die ausschließlich für 230VAC spezifiziert ist. Deshalb betrachten wir auch nur 230VAC.

Für das Xilence Performance X ist ein 230VAC 80+ Gold Label vergeben worden und die entsprechenden Anforderungen werden in der Tat auch erreicht. Insgesamt gesehen liegt die Effizienz sogar etwas über dem 230V Gold-Level.
In den nachfolgenden Diagrammen ist die Effizienz von 0-100% Last und explizit die Effizienz bei Lasten kleiner als 100W, sowie die Effizienz der +5VSB Schiene ersichtlich.


Spannungsstabilität

Aus dem Test von TweakPC lässt sich auch die Stabilität der Spannungen ablesen.
Selbst stark asymmetrische Lasten konnten das Netzteil nicht dazu bringen, Toleranzen größer als 2% Abweichung vom Sollwert zu liefern.


Restwelligkeit

Auch beim Test auf Restwelligkeit werden geltende Höchstwerte von maximal 120mV bzw. 50mV nicht ansatzweise erreicht. Die Ripple auf 12V zeigt dabei eine Dreiecks Form und besitzt kaum Spikes.


Lautstärke

Das Netzteil wurde in folgendem System eingesetzt:
Spoiler:
Thermalright Macho HR-02 Rev.A @ AMD FX 8320 @4GHz
Sapphire Vapor-X Tri-X R9 280X @Stock
Phantek Enthoo Evolv ATX, Lüfter @7V VCC
Zwei 2,5" SATA SSDs
Zwei 3,5" HDDs

In diesem verhielt es sich meiner Einschätzung nach schon verdächtig leise. Hier sollten die Ansprüche von selbst dem größten Silent-Freak erfüllt werden.

Schutzschaltungen

Diese Thematik ist beim Performance X etwas komplexer.
In folgender Tabelle wird ersichtlich, von welcher Implementierung der einzelnen Sicherungsmechanismen ich mich selbst überzeugen konnte, zudem habe ich auch hier Resultate von der TweakPC-Chroma:

https://img.tweakpc.de/images/2017/1...chaltungen.png

Die OPP konnte im Test bei 785W Gesamtlast am Ausgang ausgelöst werden.
Die OCP Tresholds für 5V und 3,3V konnten bei 33,5A und 36,5A festgestellt werden, 3,3V war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits außerhalb der Spezifikation.


In eigenen Tests stellte sich heraus, dass bei einem 100mΩ Kurzschluss auf +12V und sehr geringer Last die SCP recht träge reagierte, was ein kurzes Schmoren und einen Funkenschlag zuließ. Die Abschaltung erfolgte aber und bei höheren Lasten schaltet die SCP auch deutlich schneller ab.

Ich kann hier leider keine Treshold Spannungen des Supervisors angeben, es fehlt nicht nur ein ausführliches, öffentliches Datenblatt, auch bessert Xilence scheinbar mit externer Beschaltung nach.

Als Übertemperaturschutz konnte ich im Netzteil auch nur zwei Mechanismen finden, die Teil von Controllern sind: Der APFC Controller schaltet bei 150°C Übergangstemperatur mit einer Hysterese von 30°C ab. Ähnliches Verhalten vom Anpec Controller für die Abwärtswandler, hier aber mit 40°C Hysterese.

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Bewertung


Erste Kritik muss ich an der Herstellergarantie für Performance X Geräte üben: Grundsätzlich missfällt mir die Tatsache, dass die ersten zwei Jahre nur die gesetzliche Gewährleistung (man bedenke inklusive Beweislastumkehr) gilt, erst dann gibt's Garantie vom Hersteller; diese aber auch nur ein Jahr lang, was die Gesamtphase im Vergleich zur Konkurrenz auch noch kurz macht.
Ebenfalls unglücklich finde ich die Notwendigkeit der online Registrierung innerhalb vorgegebener Frist für einen Anspruch auf dieses Jahr Herstellergarantie.

Weiter würde ich auch auf der technischen Seite einen Umstand bemägeln:
Der Brückengleichrichter hätte sich durchaus über einen Kühlkörper gefreut, gehen wir mal von maximaler Last für diesen aus:
https://img.tweakpc.de/images/2017/11/11/Iavg.png https://img.tweakpc.de/images/2017/11/11/Iavg2.png (nach PFC boost converter design guide | Infineon)
Hier sind wir schon nahe am Rand der Spezifikation, sofern bis zu 100°C Gehäusetemperatur am Brückengleichrichter erreicht werden, was mir je nach Einsatzort und Lüfterdrehzahl angesichts der maximalen Verluste nicht als unmöglich erscheint:
https://img.tweakpc.de/images/2017/11/11/PD.png (Quelle s.o.)
Gemäß dem Datenblatt genügt schon eine 7,5cm x 7,5cm x 0,16cm große Kupferplatte, um die maximale Stromstärkenspezifikation mehr als zu verdoppeln.

Zu guter Letzt ist die Absicherung der Ausgangsseite nicht tadellos:
Der +3,3V OCP Treshold ist schlecht gewählt, dazu wird mit OTP geworben, wobei ich in meinen Untersuchungen keine wirklich effektive Umsetzung einer solchen finden konnte.

Nichts desto trotz verdient Xilence auch Lob für das, was unter der Haube steckt:
Die angewandten Topologien hätte ich angesichts des Marktpreises des Geräts nicht erwartet und haben mich überrascht.
Auch möchte ich hier nicht weiter die Halbleiter- oder Kondensatorenbestückung bemängeln, für erstere konnte ich in nullter Näherung keine weiteren fehlerhaften Dimensionierungen feststellen, für letztere kann ich keine Aussage treffen. Die Spezifiaktionen der Kondensatoren (sofern mir vorliegend) lesen sich jedoch nicht schlecht im direkten Vergleich zu denen teurerer, als hochwertiger geltender Konkurrenz.

Bei den elektrischen Messwerten zahlen sich, Vollbrücke, LLC Resonanzwandler und Abwärtswandler aus, sodass sich hier insgesamt gute Werte ergeben.

Die Effizienz liegt mit dem 80+ Gold 230VAC Niveau sehr hoch und schlägt viele der günstigen auf 115VAC zertifzierten Modelle, da diese bei 230VAC den Gold-Level oft nicht erreichen.

Ebenfalls gut fällt die Standby-Effizienz und die Effizienz des Hauptwandlers bei geringer Last aus. Selbst wenn man den PC also viel im Standby oder Idle laufen hat, ist man hier also gut aufgestellt.

Genau so geht es bei der Spannungsstabilität weiter, eine Regulierung bei unter 2% ist in der Klasse, in der das Performance X antritt, eher selten zu sehen, insbesondere bei Crossload.

Restanteile von Wechselspannungen oder hochfrequente Störungen sind in den Ausgangsspannungen zu einem erfreulich geringen Anteil vertreten, was sich in guten Ripple-Noise-Werten zeigt.

Die wohl positivste Überraschung am Xilence Performance X ist für mich aber der Lüfter des Netzteils. Dieser soll laut Hersteller über ein hochwertigeres FD-Gleitlager verfügen und verhält sich im Betrieb extrem leise.
Mit dem Modell sollten sogar Silent-Fans recht glücklich werden.

Am Ende fällt es mir schwer, ein Urteil zu fällen.
Unschön sind ganz klar die erwähnten Patzer bei den Schutzschaltungen, ebenso wie die Problematik des ungekühlten Brückengleichrichters. Über diese Aspekte mag ich nicht hinweg sehen.
Betrachtet man jedoch nur die elektrische Performance des Geräts, so erhält man hier ein Netzteil mit einem spitzenmäßigen Preis-/Leistungsverhältnis.
Man bedenke, dass das Netzteil nun seit einem guten Monat für nur etwa 60€ über die virtuelle Ladentheke wandert.


Fazit


positiv:
  • sehr gute elektrische Performance
  • sehr leise im Betrieb
  • Preis
  • gewählte Wandlertopologien auf nahezu höchstem Level, jedoch...

negativ:
  • ...mit dem Brückengleichrichter ein Halbleiter am Rande seiner Spezifikation
  • Komplizierte Bedingungen für eine dennoch kurze Garantiephase
  • +3,3V OCP Treshold zu hoch
  • keine Implementierung einer OTP im klassischen Sinne

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Das Testmuster ist in Kooperation mit Xilence zur Verfügung gestellt worden.

Geändert von broda (25.11.2017 um 15:35 Uhr)
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2 Benutzer bedanken sich für den Beitrag:
poiu (16.11.2017), swatcher1 (16.11.2017)