TweakPC



Raubkopien als Mittel der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung

Freitag, 26. Mär. 2010 14:30 - [jp] - Quelle: TNO

Der Frühling kommt mit großen Schritten über Europa und neben vielen bunten Krokussen sprießen auch in der Politik wieder interessante und farbenprächtige Ideen.

In Holland zum Beispiel führten scheinbar aufkeimende Frühlingsgefühle dazu, dass die 4 Minister der Resorts für Erziehung, Kultur, Wirtschaft und Justiz sich gemeinsam Gedanken über das Themengebiet "illegalen (Raub-)Kopien" gemacht haben.

Sie gaben eine Untersuchung in Auftrag, die ermitteln sollte, wie sich die illegalen Download-Aktivitäten der Niederländer volkswirtschaftlich auswirken: Welchen ökonomischen Effekt haben Tauschbörsen auf die Bilanz des Gemeinwesens? Denn es ist ja eines, den betroffenen Musik- und Filmindustrien beim Jammern darüber zuzuhören, dass Raubkopien ihre Umsätze zusammenschmelzen lassen, weil doch niemand mehr legal kaufe, was er illegal kostenlos bekommt.

Auf der anderen Seite kann man die Geschichte jedoch auch anders angehen und sich fragen, was die Downloader denn mit dem so "gesparten" Geld machen, wofür sie es also stattdessen ausgeben - und ob sie es überhaupt ausgeben. Die Autoren der soeben auf Englisch erschienenen Studie "Ups and Downs" kommen zu dem verblüffenden Ergebnis, dass den mutmaßlich 100 Millionen Euro, die dem Musikbereich jährlich verloren gehen, ein volkswirtschaftlicher Mehrwert von 200 Millionen Euro gegenüberstehen.

Demnach verteilten die Piratennetze nicht nur Werte um - weg von den Erzeugern, hin zu den Piraten, vielmehr seien sie sogar ein Motor gesellschaftlicher Wertschöpfung. Das Gemeinwohl profitiere vom Klau. Und zwar, verblüffender Weise, sowohl kurz- als auch langfristig.

Das zu belegen, also Aussagen darüber zu treffen, wie sich illegale Downloads auf das Kaufverhalten an sich auswirken, nennen die Autoren der Studie wohl zu Recht eine "tricky exercise", übersetzt eine waghalsige Übung. Sie bemühen dafür die sogenannte "Rob and Waldfogel"-Theorie der allgemeinen Wohlfahrt, die vermutlich nicht jeder niederländische Minister und wohl auch sonst kaum jemand wirklich versteht.
Sie basiert auf der zutreffenden Annahme, dass nicht jeder im Internet raubkopierte Song tatsächlich gekauft worden wäre, hätte es die Möglichkeit zum Klau nicht gegeben. So sind die Verluste der Musikfirmen viel niedriger anzusetzen, als immer behauptet wird. Tatsächlich wäre aber auch nichts für Musik ausgegeben worden. Vielmehr wird das gesparte Geld zumindest Teilweise nun kultur- und wohlstandsmehrend ausgegeben: für Merchandising und Konzerte.

Die Drahtzieher der Studie sollte man mit ihrer wundersamen Geldvermehrungstheorie vielleicht auch in der Finanzkrise zu Rate ziehen um generell Verluste in volkswirtschaftliche Gewinne umschreiben zu lassen. Definitiv eine kreative und bisher eher seltene Interpretation des Themas, aus einem holländischen, mutmaßlich verrauchtem Hinterzimmer.

Vielen Dank an unseren Leser poloniumium für das Einsenden dieser News.
Verwandte Testberichte, News, Kommentare
ueber TweakPC: Impressum, Datenschutz Copyright 1999-2024 TweakPC, Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved. Mit * gekennzeichnete Links sind Affiliates.