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Alt 10.01.2005, 19:32   #7 (permalink)
Ronald
PC Schrauber
 

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Standard AW: Frage zur Gateway-, Router- und Proxy-Definition

@Catweazle

Danke für Deine Antwort. Also wenn selbst Du sagst, daß Gateways eine Art Überbegriff für alles geworden sind, dann muß da etwas dran sein. Aber wie kam es dazu? Also habe ich geforscht: uralte Bücher herausgekramt, die Kollegen „terrorisiert“, mit Freunden und bekannten telefoniert und natürlich aktuelle Artikel im Internet gelesen … Egal. Auf jeden Fall sind meine Finger jetzt wund.

@All
Heraus kam, daß in den alten Büchern „TCP / IP“ von Glaser, Hein & Vogl (DATACOM, Seite 22 und 322 – nur falls jemand das Buch noch hat) und „Lexikon der Datenkommunikation“ von Klaus Kipinski (DATACOM, Seite 232 und 233) ein Gateway sehr wohl eine feste Definition hatte. Und die entspricht tatsächlich der von Wikipedia: Ein Gateway wird als Protokollkonverter definiert.

Jetzt stellt sich die Frage, wann und warum hat sich diese Definition geändert? Nach den Recherchen war die Antwort verblüffend einfach: TCP/IP war ja nicht immer das Protokoll aller Protokolle. In der Anfangszeit wurde dieser „Exot“ mit (Sub-) Netzen konfrontiert, welche auf anderen Protokollen aufsetzten (wie DECnet, SNA, Novells IPX/SPX, etc.). Für eine Verbindung zu diesen Netzen konnte man bei der Konfiguration der NIC unter den TCP/IP-Einstellungen ein „default Gateway“ angeben.

Gateway heißt das Ding, weil der Name einem klar machen sollte, daß über das hier angegebene Netzwerkmodul eine Protokollumsetzung vorgenommen werden kann (was damals auch nicht selten der Fall war). Damals war der Name passend. Allerdings “kann“ heißt nicht „muß“, denn was anstelle des „default Gateways“ tatsächlich eingesetzt wurde, hing von der jeweiligen Netzarchitektur ab. Und so zog der Router immer öfter an die Stelle des Gateways. Mittlerweile gibt es dort kaum noch Gateways, da die Netze fast alle über das TCP/IP-Protokoll kommunizieren (eine Protokollumsetzung ist also nicht mehr erforderlich). Das Dumme ist nur: In der TCP/IP-Konfiguration der NIC steht aus historischen Gründen noch immer „default Gateway“ und nicht „default Router“ drin.

Diesen historisch gewachsenen „Mist“ bekommt man nur extrem schwer wieder los. In diesem Fall gar nicht, da dies niemand für lebensnotwendig erachtet hat.
Also wurden kurzerhand die Definitionen in den neueren Büchern angepasst. Mit fatalen Folgen: So enthält bspw. die vierte aktualisierte Ausgabe von „Lexikon der Datenkommunikation“ wie fast nebenbei den Satz, daß ein Gateway zwei Netze miteinander verbindet und andere Netze durch Protokollumsetzung anschließt. Ein einziger (verwirrender) Satz, nebst ganzen eineinhalb Seiten, bei denen es um die Protokollkonvertierung des Gateways geht. Schlussendlich wird dort noch immer festgehalten, daß ein Gateway ein Protokollkonverter ist. Sehr verwirrend …

Und das scheint heute noch so zu sein. Ich habe bei meinen Recherchen im Internet nur Definitionen zum Gateway gefunden, die besagen, daß ein Gateway ein Protokollkonverter ist. Eine Definition, welche u.a. zum "Screende Gateway" genauso wenig passen will, wie zu einem "Application Level Gateway", etc. Aber jetzt ist mir wenigstens klar, woher dieses Durcheinander kommt:

Dem Vorbild von TCP/IP's "default Gateway" folgend, wurden Konzepte wie „Screened Gateway“ und ALG, etc. ebenfalls als „Gateway“ bezeichnet, weil auch hier eine Protokollumsetzung erfolgen KANN (bis einschließlich auf OSI 7 ist hier jegliche Protokollumsetzung möglich). Dass das heute durch die Vorherrschaft von TCP/IP kaum noch Anwendung findet, steht auf einem anderen Blatt. Es handelt sich also auch bei "Screened Gateways" und ALGs um eine historisch gewachsene Bezeichnung. Oder aber wenigstens um die Bezeichnung einer MÖGLICHEN Funktionalität. Und da sich dadurch das offenkundige Bild eines „Gateways“ entscheidend verändert hat, war es einfach eine Frage der Zeit, bis sich die ersten Missverständnisse manifestieren.

Bei den jüngeren Kollegen hat sich aus diesem Kuddelmuddel heraus eine eigene Definition des Gateways verfestigt, welche besser in das offenkundige Bild paßt. Und die sieht so aus, wie die von tele und Catweazle: Ein Gateway stellt ein Überbegriff für ein Portal zu einem anderen Verbindungspartner dar. Auch wenn diese Definition durch keinerlei Fachlektüre gestützt wird, kann ich damit durchaus leben. Warum auch nicht? Aus heutiger Sicht passt diese Definition wohl am besten. Da die "alte" Definition nur Verwirrung stiftet, sollte sie offiziell dahingehend angepaßt werden. Dann sprechen wir endlich wieder eine gemeinsame Sprache.

Bye, Ronald

PS @tele und Catweazle: Wenn ich euch beiden nicht schon in einem anderen Thread einen Goody gegeben hätte, würde ich es jetzt tun. Aber ich glaube, der zählt nur einmal pro User. Wirklich schade. Danke nochmals.

Geändert von Ronald (11.01.2005 um 12:35 Uhr)
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