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Heison 26.06.2007 21:53

Zugriff auf Kommunikationsdaten der Bürger ohne Richtervorbehalt
 
In Deutschland wird gerade unter Federführung von Bundesjustizministerin Zypries [URL="http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,490706,00.html"]ein Gesetz geformt[/URL], dass in der bisherigen Fassung aus Deutschland einen Orwellstaat zu machen droht, nachdem es vom Bundesrat nochmals verschärft wurde.

[I][B]"Große, vernetzte Datenbanken halten fest, wer im vergangenen halben Jahr mit wem telefoniert, gemailt, SMS geschrieben hat. Sie speichern, wann und auch wo jedermann sein Mobiltelefon benutzt hat. Und sie protokollieren, wer wann im Internet herumlungert. Im kommenden Jahr ist das Realität, wenn alle Gesetzesänderungen zur Überwachung der Telekommunikation durchkommen, die die Bundesregierung gerade vorantreibt."[/B][/I]

E-Mail-Anbieter müssen beispielsweise in Zukunft beim
- beim Versenden einer E-Mail,
- bei Ankunft einer Nachricht:
- bei Zugriff auf das Postfach
Datum, Uhrzeit und IP-Adressen speichern. Zudem müssen persönliche Daten der E-Mailnutzer wie Namen, Adresse und Geburtsdatum für die Behörden abrufbar gemacht werden.

Im Internet- oder Mobilfunkbereich ist es ähnlich: Handy-Provider müssen für jede Verbindung speichern, 1. wer 2. wo 3. mit wem und 4. wann telefoniert hat.
In der EG-Verordnung, auf der das gesetzliche Vorhaben basiert, war die Datensammlung noch auf "Zwecke der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten" beschränkt.

Das deutsche Gesetz hat dies erweitert auf "zur Verfolgung von Straftaten" und "zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit".
Auch für Kleinstdelikte, die im StGB erwähnt sind, kann also in Zukunft die Datenbank genutzt werden. Begründet wir diese erhebliche Ausweitung mit Verstößen gegen das Vereinsgesetz durch Extremisten. Als ob Verstöße gegen das Vereinsgesetz sich zur Einschränkungen von Bürgerrechten rechtfertigen ließen! Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte dürfen auf diese Daten zugreifen. Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst dürfen ohne richterliche Anordnung diese Daten anzapfen.

Aber nicht nur die:

[I]"Inhaber geistiger Eigentumsrechte sollen die Internetverbindungs-Daten, die bei der Vorratsdatenspeicherung anfallen, nutzen dürfen. [...] Sprich: Der Staat verpflichtet Internetprovider zur Vorratsdatenspeicherung. [B]Und die Film- und Musikverlage können sich an diesen Daten bedienen - ohne dass ein Richter über die Rechtmäßigkeit der Anfrage entscheidet. Die Provider sind zur Herausgabe verpflichtet, ohne Richtervorbehalt. So will es der Bundesrat."[/B][/I]

Wie sollen eigentlich der Kreis der "Inhaber geistiger Eigentumsrechte" eingeschränkt werden? Denn im Grunde sind alle Bürger Inhaber solcher Eigentumsrechte, denn fast jeder hat schon mal eine geistige Leistung veröffentlicht und sei es nur ein Posting wie dieses. Dürfen wir uns also in Zukunft gegenseitig ausschnüffeln oder wird diese Spannerei großzügigerweise auf Interessen-Verbände bzw. Industrielobbys eingegrenzt?

[B]Das ganze Vorhaben strotzt vor Schwachsinn:[/B] Extremisten, Terroristen und Hochkriminelle werden sich flugs E-Mail-Konten außerhalb Deutschlands bzw. Europas einrichten, ihre Kommunikation verschlüsseln und anonymisieren, sich so der Überwachung entziehen. Die eigentlichen Gefährlichen werden von den Maßnahmen also kaum getroffen.

Mit nationalem Überwachungswahn wird versucht, das globale Internet zu kontrollieren, und die Deutschen der Totalüberwachung ein Stück näher zu bringen. [B]Betroffen sein wird in erster Linie der normale Bürger, der zudem zusehen darf, wie die Inhaber "geistiger Eigentumsrechte" ungeniert und ohne richtlicher Kontrolle auf die Kommunikationsdaten der letzten 6 Monate Zugriff nehmen dürfen. Niemand kann dann kontrollieren, ob er nicht vielleicht aus purer Neugier ausgeschnüffelt wird. Auch angesichts der Schlampereien beim Datenschutz und Datenmissbrauch, die immer wieder in Unternehmen und Behörden bekannt werden, sind das Horror-Aussichten.[/B] Abgesehen von den Missbrauchsgefahren durch den Staat, die Polizei und die Justiz, die Daten zweckentfremden können, oder Regierungen, die die Opposition oder unliebsame Bürger beschnüffeln wollen.

Sollte das SPD/CDU-Vorhaben umgesetzt werden, dürfte es das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie schwer erschüttern, und radikalen Parteien in die Hände spielen. Dabei ist der letzte Skandal nicht lange her: Mit breiter Zustimmung des Parlaments (bishin zu den Grünen) wurde vor wenigen Jahren dem EU-Haftbefehl zugestimmt, der dramatische Rechtseinbußen für deutsche Bürger zur Folge gehabt hatte, z.B. Zwangsauslieferung ohne Widerspruchsmöglichkeit bei der Begehung einer Tat, die in Deutschland gar nicht strafbar war. Erst das Verfassungsgericht hatte diesem Wahnsinn [URL="http://www.faktuell.de/Hintergrund/Background352.shtml"]ein Ende gesetzt[/URL].

Man mag auch dieses Mal seine Hoffnungen auf das Verfassungsgericht setzen, die Tatsache aber, dass eine Regierung trotz Warnungen wiederholt an weitgehenden Einschränkungen von Bürgerrechten arbeitet, ist deshalb kein Stück beruhigender.

Mehr Informationen auch hier:
[URL]http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/14/0,4070,5557486-6-wm_dsl,00.html[/URL]
[URL]http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php[/URL]

baecker 29.06.2007 20:46

AW: Zugriff auf Kommunikationsdaten der Bürger ohne Richtervorbehalt
 
Was haltet ihr davon? Ich finde das geht zuweit.

gruß

mondrian 29.06.2007 22:43

AW: Zugriff auf Kommunikationsdaten der Bürger ohne Richtervorbehalt
 
Es wird an allen überhaupt vorstellbaren Seiten gegen den Bürger aufgerüstet.
Das Bankgeheimnis ist dauerhaft abgeschafft, öffentlich-rechtliche verballern das
unter merkwürdigen Begründungen eingetriebene Geld für Internetplattformen und
Überversorgung, die PCs sollen Schäuble kriegen, breiter Verzicht auf Gewaltenteilung,
Folterunterlagen komplett per Backup entsorgt.

baecker 30.06.2007 10:17

AW: Zugriff auf Kommunikationsdaten der Bürger ohne Richtervorbehalt
 
breiter Verzicht auf Gewaltenteilung? Wo, Wie, Wann?

Das würde unserer Demoktratie ja extremst gegen den Strich gehen.

mondrian 30.06.2007 11:44

AW: Zugriff auf Kommunikationsdaten der Bürger ohne Richtervorbehalt
 
Da gibt es sicherlich sehr viel, mal das was ich auf die Schnelle dazu habe:

- Die Abschaffung des Datenschutzes, ob online-Daten oder Bankinformationen, ist
eine Aufhebung der Gewaltenteilung. Einerseits der Vorgang als solcher, dann die
einfache ungestrafte Nutzbarkeit der Daten (ob die zu Ermittlungen oder zur
Einschüchterung genutzt werden ist ja schwer nachweisbar oder einklagbar, zumal
wenn es keine informationspflicht gegenüber den Betroffenen gibt)

- Der Einbruch in deinen Computer durch ermittlende Behörden ohne richterlichen
Beschluss ebenso, vgl. Hausfriedensbruch.

- Der Vorenthalt von Akteneinsicht im Bereich der Politik hat letztlich die gleiche Folge.

- Ähnlich die Machtverschiebungen zwischen Bundesrat und Bundestag oder die
große Koalition, die auch weniger Demokratie bedeuten.

- Genauso eine EU-Verfassung, die ein schrankenloses Recht auf "Geistiges
Eigentum" erreichen will.

- Auch andere Aspekte der EU-Verfassung scheinen mit dem Prinzip der
Gewaltenteilung unvereinbar.

- Gleichermaßen die Behauptung, Folter wäre keine solche, oder die Bereitschaft
Folter in irgendeiner Form zu nutzen.

- Die Duldung von rechtsfreien Situationen wie Guantanamo.
Zuletzt anläßlich des G8 Gipfel offenbar mitten in Deutschland (s.u.) in der GeSa in
Rostock-Schmarl, Unterbringung in Käfigen, keine vertraulichen Gespräche zwischen
Mandant und Anwalt, Richter als solche nicht erkennbar.


Rostok/G8 Quelle [URL="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25500/3.html"]TP: Kampf um das Recht[/URL] (Zitat RA Thomas Moritz, Berlin)
[quote]Von außen keinesfalls als Behörde gekennzeichnet, war es uns Anwälten nur sehr erschwert möglich, überhaupt
Einlass zu bekommen, gar nicht möglich war es, zu den Inhaftierten vorzudringen
...
Der Zugang zum "Gericht", wo wir Anträge stellen und mit
den Richtern den Verfahrtensablauf besprechen wollten, wurde uns verweigert. Zunächst wurden wir bereits
vor dem Industriekomplex, in dem die GeSa untergebracht war, von Beamten der Bundespolizei registriert,
ohne dass eine Rechtsgrundlage für diese Datenspeicherung ersichtlich wäre.
...
Alle Richter und auch die Geschäftsstellenbeamten trugen jeweils ein Schild "Kavala -Justiz", die Richter
waren in ihrer Funktion nicht erkennbar.
[/quote]EU-Verfassung Quelle [URL="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24954/1.html"]TP: Verfassungsfeinde feierten in Berlin[/URL]
[quote]Die Gewaltenteilung ist Grundlage des Rechtsstaates, was auch in Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes festgehalten wurde.
In der EU-Verfassung fehlt dagegen eine Verpflichtung dazu. Stattdessen bestimmt Art. I-19 Abs. 2 Satz 2:
"Die Organe arbeiten loyal zusammen." So funktioniert zwar die EU, aber kein demokratischer Rechtsstaat.
...
nichts anderes ... als dreiste Festschreibungen offener Verstöße gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz.
Art. I-23 Abs. 1 Satz 1 zum Beispiel, der regelt, dass der Ministerrat "gemeinsam mit dem Europäischen
Parlament als Gesetzgeber tätig [wird] und gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus[übt]".
Da die Minister auf europäischer und nationaler Ebene tätig sind, sind sie Legislative und Exekutive zugleich.
[/quote]Interessant auch [URL="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/5/5814/1.html"]TP: Welche Grundrechte bleiben dem vernetzten Menschen?[/URL] vom Februar 2000.


Nachtrag:

mal wieder Schäuble [url=http://www.heise.de/newsticker/meldung/92221]heise online - Neue Sicherheitsdebatte kontra Freiheitsrechte[/url]


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