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Amazon-Reportage der ARD ein Zerrbild der Realität?

Donnerstag, 21. Feb. 2013 20:49 - [jm] - Quelle: Kreisanzeiger

Eine ehemalige Zeitarbeiterin erhebt gegenüber der ARD-Berichterstattung den Vorwurf der Tatsachenverdrehung, der Seepark Kirchheim als Zeitarbeiterunterkunft sieht sich im falschen Licht dargestellt.

Silvina Cerrada war während des Drehs der Reportage selbst über die in der Kritik stehende Zeitarbeitsfirma bei Amazon beschäftigt und ist eine der darin gezeigten Mitarbeiterinnen. Nun erhebt sie Vorwürfe gegen die ARD. Zwar sei viel des gezeigten wahr, "aber Vieles ist auch sehr verdreht dargestellt." Seit der Entlassung durch Amazon arbeitet Cerrada beim ebenfalls in der Reportage namentlich genannten Seepark Kirchheim, einer Unterkunft der Zeitarbeiter.

Dies verdanke sie der Kulanz von Amazon, das Cerrada erlaubt habe, sich neben ihrer Tätigkeit für Amazon auch als Servicekraft im Seepark noch etwas dazuverdienen. Wäre es nach der Zeitarbeitsfirma gegangen, wäre dieser Nebenverdienst, aus dem inzwischen eine Vollzeitstelle wurde, nicht möglich gewesen.

Insbesondere die Darstellung der Unterkunft im Seepark Kirchheim im Fernsehbericht kann Cerrada daher nicht nachvollziehen. Sie hätte nicht angefangen dort zu arbeiten, wenn die Verhältnisse so schlecht gewesen wären, wie die ARD suggeriert. Im Beitrag ist zu sehen, wie Cerrada auf einer Couch schläft während aus dem Off kommentiert wird, dass sie diese einem Bett der Unterkunft vorziehe.

Dies sei falsch, so die Spaniern Cerrada, sie habe auf der Couch lediglich ihre Siesta gehalten: "Das Wohnzimmer hat ein großes Fenster mit Blick auf den Wald, man hört die Vögel, das fand ich sehr schön." Fragen der Reporter, ob ihr die Unterkunft zu beengt sei, habe sie stets verneint. Daher habe man ihre Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen und dies von Off-Sprechern erzählen lassen. "Oft war das dann das Gegenteil von dem, was ich gesagt habe", so Cerrada.

Amazon-Reportage der ARD ein Zerrbild der Realität?
(Quelle Screenshot: ARD)

Die ARD habe außerdem Material vom Seepark mit anderem vermischt und dadurch falsche Eindrücke erweckt. So sei etwa ein "Abfüttern" von Zeitarbeitern im Keller nicht möglich, denn es gebe gar keinen. Tatsächlich nennt die ARD im Anschluss an entsprechende Vorwürfe eines Busfahrers jedoch direkt den Seepark Kirchheim als Unterkunft der meisten Zeitarbeiter.

Im Gegenteil sollen die Zeitarbeiter im Seepark nach Angaben Cerradas jedoch gut verpflegt worden sein, um 1 Uhr morgens sei für Schichtrückkehrer warmes Essen serviert worden, auch vegetarische Kost. Darüber hinaus sind die Ferienhäuser mit eigenen Kochmöglichkeiten ausgestattet, welche die Zeitarbeiter laut Cerrada für die Zubereitung der Arbeitspausenverpflegung nutzten.

Entgegen des vermittelten Eindrucks sei es den Zeitarbeitern erlaubt gewesen, das Freitzeitangebot der Anlage zu nutzen und für den Kontakt nach Hause habe die Hotelleitung den Zeitarbeitern extra einen Tagungsraum für den Zugang zum Internet bereitgestellt. Der Kontakt zu anderen Hotelgästen sei nicht, wie in der Reportage suggeriert, unterbunden worden.

Allerdings sei die im Bericht kritisierte Security-Firma tatsächlich problematisch gewesen, da ihre Anwesenheit und ihr Auftreten von anderen Zeitarbeitern als Provokation empfunden wurde, was auch zu den von der ARD gezeigten aggressiven Situationen geführt habe.

Andreas Engelhoven, Geschäftsführer des Seeparks, beteuert jedoch, dass die Security von der Zeitarbeitsfirma beauftragt wurde. Ihre Mitarbeiter wären während der Arbeitszeit auch nicht durch rechtsradikale Umtriebe oder Äußerlichkeiten aufgefallen - "das hätten wir auch nicht toleriert", so Engelhoven. Heimliche Kontrollen der Ferienwohnungen in Abwesenheit der Bewohner habe es nicht gegeben. Der Sicherheitsdienst hätte weder über das Hausrecht noch über Schlüssel verfügt; lediglich beim Housekeeping - und somit unter den Augen des Hotelpersonals - könnten die Securities einen Blick in die Wohnungen geworfen haben.

Künftig möchte der Seepark Kirchheim den Verzicht auf Sicherheitspersonal zur Bedingung für die Unterbringung von Zeitarbeitern machen. Laut Engelhoven hat die Berichterstattung über Security und die damit verbundenen Neonazi-Vorwürfe dem Ruf des Seeparks enorm geschadet: Drohungen sind eingegangen, Mitarbeiter wurden außerhalb der Arbeitszeit beleidigt.
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