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Alt 28.03.2008, 00:28   #2 (permalink)
dr_Cox
Coxito ergo sum
 
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dr_Cox kann auf vieles stolz sein
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Standard AW: Doku: Rentenangst - private vs. gesetzliche Rente

Der "Wissenstransfer" also Lobbyismus ist so eine Medaille mit zwei Seiten. Auf der einen besteht natürlich die Gefahr, dass die Wirtschaft knallhart ihre eigenen Interessen verfolgt ohne Rücksicht auf das was für den Staat am Besten wäre.
Auf der anderen Seite kann es sich keine Regierung eines postindustriellen Staates mehr leisten, auf externen außerparlamentarischen Sachverstand zu verzichten.

Man sieht es ganz gut an dieser Reportage, da wird oft aufgelistet für welche Unternehmen und Interessensgruppen die jeweiligen Experten arbeiten; daraus schöpfen die aber natürlich auch ihr Fachwissen, ihren Einblick in Details und nachtürlich auch ihr Renommee; ohne diese Verbindungen wären sie keine "Experten".

Das mit der Rente ist ein ganz besonders trauriges Beispiel, es gibt viele andere solcher Bereiche, wo eine solidarische Gesellschaftliche Lösung meiner bescheidenen Meinung nach wesentlich besser wäre, als die privatwirtschaftliche (Gesundheitswesen, Bildung, öffentliche Sicherheit etc. pp.) - für die Gesamtgesellschaft natürlich; für Besserverdiener im Einzelfall ist die solidarische Variante nicht die finanziell optimale.
Nur funktoniert das nicht so einfach. Schließlich muss man auch sehen, dass an all den Stellen, wo der Staat die Vor- und Nachsorge betreibt kein Platz mehr für marktwirtschaftliches Vorankommen gegeben ist, weil kein Unternehmen in einen Bereich konkurrenzfähig einsteigen kann, der einer Behörde unterliegt, die lediglich der Sache dient und keine Rendite und Gewinne erzielen muss. Daurch verliert dann z.B. ein Versichrungsunternehmen in der Kapitalglobalisierung den Anschluss, wenn es sich mit Versicherern aus den USA vergleichen lassen muss (in den USA ist nur derjenige versichert, der es sich leisten kann - abermillionen von Amis haben keine Gesundheits- / Arbeitslosigkeits- / etc- Versicherung).

Ein schönes Beispiel dafür ist zB. die deutsche Bahn. Als das noch eine Staatsbahn war hatte jedes Kaff einen Bahnhof der betrieben wurde und Reisen war recht günstig. Jetzt ist die Bahn ein Unternehmen (an dem der Bund zwar immer noch m.E. die Mehrheit hält), das renditeorientiert arbeitet. Es schreibt schwarze Zahlen nach Jahrzehnten roter Zahlen, ist pünklticher, sauberer... dafür wird der Fahrpreis dann alle Nase lang angehoben und Strecken haufenweise still gelegt.

Bei der Rente ist es nicht viel anders - man hat sich von der Privatisierung mehr Effizienz versprochen und mehr Leistung im Endeffekt. Es sind ja auch durchaus viele Leute der Meinung die gesetzliche Umlagenrente sei nicht zukunftsfähig (Bild und Konsorten sei Dank ). Manchmal tut so eine "kleine Privatisierung zwischendurch" auch ganz gut, um alte verkrustete Bürokratiemonster aufzubrechen.

Also ich denke, genau solche Themen werden immer im Fluss sein. Noch in 200 Jahren werden Politiker an den Renten und Gesundheitssystemen basteln und es wird immer wieder Zeiten geben wo man eher marktfreundlich agiert / agieren lässt und es wird auch immer wieder Zeiten geben, in denen man Leistungen vom Markt weg in gesellschaftliche Obhut überführt.
Es ist halt seit Mitte der 80er die Phase des Marktes, aber auch das wird sich irgendwann auch wieder ändern

LG
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