Audio-Technica ATH-ADG1 Gaming-Headset im Test - Highend Audio für Gamer (4/5)
Klangqualität und Praxiseindrücke
Kommen wir zum Klang der Audio-Technica ATH-ADG1. Für unseren Praxistest
des Testkandidaten greifen wir wieder auf unser übliches mittlerweile umfangreiches
Test- und Vergleichs-Equipment zurück. Den Hörtest führen wir an unterschiedlichen
Soundkarten vom Realtek Onboard-Sound (ALC1150) über diverse Highend-Soundkarten
(Soundblaster Titanium HD und ZXR, ASUS Xonar Essence STX) bis hin zu analytischen
Studiosoundkarten wie der EMU0404 oder EMU 1212e. Zudem führen wir über
einen künstlichen Messkopf auch Messungen des Frequenzgangs, der maximalen Lautstärke
und mehr durch, die uns bei der Klangbeurteilung unterstützen.
Als Vergleichs-Headset dienen uns die derzeit bekanntesten Gaming-Headsets
wie das Logitech G35, Sennheiser PC160/PC320/PC350/PC360, das Beyerdynamic MMX300
und Custom One sowie weitere diverse Modelle. Zusätzlich setzen wir als Studiokopfhörer
zum Vergleich noch den beliebten Beyerdynamic DT990 Pro ein.
Das ATH-ADG1 ist wie das DT990 Pro ein offener Kopfhörer. Offen bedeutet
hier auch wirklich komplett offen, denn es findet fast überhaupt keine Dämpfung
von Außengeräuschen statt. Im Vergleich zum Sennheiser PC360 fühlt sich das
Headset schon beim Aufsetzen luftiger an. Eine erste Hörprobe mit einigen Games
zeigt wie Battlefield 4, Alien Isolation, Guild Wars 2 zeigt, dass das ATH-ADG1
kein typisches Gaming Headset ist. Man spürt schnell die eher neutrale Abstimmung,
die hier gewählt wurde. Durch die offene Bauweise erzeugt das Headset beim Bass
auch weniger direkten Druck auf den Ohren als geschlossene Modelle und fühlt
sich dabei aber sehr angenehm an.
Eine Messung des Frequenzgangs bestätigt den ersten Eindruck. Der Verlauf
zeigt sich sehr linear im Bereich von 100 Hz bis 2 KHz. Unterhalb der 100 Hz
sieht man den für offene Kopfhörer typischen Abfall des Frequenzgangs. Die leichte
Senke bei 3 KHz gefolgt von einem kleinen Kamelhöcker zwischen 5 und 10 KHz hinterließen
im Klangbild keinen spürbaren Abdruck. Insbesondere die Höhen sind beim ATH-ADG1
keinesfalls überzeichnet, ganz im Gegenteil, sie sind exakt auf den Punkt.
Frequenzgang ATH-ADG1 normale Lautstärke
Besonders interessant am ATH-ADG1 ist in diesem Zusammenhang auch die Eigenschaft
die Klangqualität bei hohen Lautstärken zu erhalten. Mit seinen 38 Ohm kann
das Headset selbst an Smartphones eine beachtliche Lautstärke erreichen und
ist damit hervorragend für den Einsatz an wirklich allen Geräten gerüstet. Auch
schwache Soundkarten schaffen mit dem Headset einen absolut ausrechenden Lautstärkepegel.
Angeschlossen an einen Kopfhörerverstärker wummert das Headset bis zu 120
dB auf die Ohren. Das ist ein Level, den man üblicherweise nicht über längere
Zeit ertragen möchte. Das Tolle am ATH-ADG1 ist dabei, dass selbst bei dieser
Lautstärke die Abstimmung noch überzeugt. Viele andere Headsets neigen dazu
bei hoher Lautstärke in den Höhen zu zischen (Beyerdynamic DT990Pro/MMX300)
die Bässe deutlich zu überzeichnen oder einfach gleich zu einem Schepperkasten
zu werden. Ein gutes Beispiel ist hier das G35 von Logitech das zwar extrem
Laut kann, dann aber alles andere als gut klingt.
Frequenzgang ATH-ADG1 maximale Lautstärke
Das ATH-ADG1 wird bei hoher Laustärke im Bass etwas stärker und kann es dann
auch wummern lassen bis die Wangen vibrieren. Dabei bleiben auch die Höhen auf
einem schönen Level und werden nicht nervig. Das ist eine durchaus beachtliche
Leistung, die wir bei anderen Headsets in der Form noch nicht gehört haben.
Spielt man lieber mit etwas leiserem Sound, dann fällt der Bass des Headsets
etwas zurück, was aber eben typisch für offene Modelle mit neutraler Abstimmung
ist. Das Verhalten lässt sich leicht mit einer guten Soundkarte durch eine geringe
Bassverstärkung von vielleicht +5 dB unter 50Hz oder entsprechende Equalizer-Settings
ausgleichen. Mit den richtigen Einstellungen und der üblichen Lautstärke bringt
dass ATH-ADG1 sogar für ein offenes Headset einen extrem guten und kräftigeren
Bass rüber. Zwar ist dieser nicht ganz so knackig wie beim Beyerdynamic aber
dennoch präzise und homogen bis in die höchsten Laustärken.
Im direkten Vergleich zwischen den Headsets kann man dies schon in den unterschiedlichen
Frequenzgängen erkennen. Das MMX300 (hellrot) bekommt unterhalb von 200 Hz einen
Boost von bis zu 5 dB. Das ATH-ADG1 verhält sich hier eher wie das DT990 Pro,
das noch etwas kräftigere Bässe liefert. Das PC360 (blau) ist hier am deutlichsten
gesounded, und den anderen Modellen auch in der Klarheit sprübar unterlegen.
Auch schön zu sehen, dass die beiden Beyerdynamic Modelle bei den Frequenzen
zwischen 5 und 10 KHz den deutlichsten Anstieg verzeichnen. Treibt man die Laustärke
hoch fängt es dort auch schnell an nervig zu werden.
Beim Bass lassen sich die Unterschiede zwischen offen und geschlossen auch
sehr schön am Cumulative Spectral Decay (CSD) sehen, das den Frequenzgang nach
einem Impuls über die Zeit aufzeichnet und darstellt wie der Kopfhörer "abklingt".
Hier sieht man wie die beiden offenen kurz in den Frequenzen von 0-200 Hz nachlaufen,
der geschlossene MMX300 aber fast doppelt so lange in den Frequenzen von 0-100
Hz.
Audio-Technica ATH-ADG1 (Offen) und Beyerdynamic DT990Pro (Offen)
Beyerdynamic MMX300 (geschlossen)
Bewegt man sich etwas weg von den Bässen in die mittleren und mittelhohen
Frequenzen, dann bekommt man die Vorteile des Audio-Technica Headsets deutlich
zu spüren. Gerade wenn es eben nicht nur knallt und explodiert, sondern wenn
Atmosphären-Sound, Naturgeräusche und vielleicht sogar noch Musik aufeinander
treffen, dann trumpft das ATH-ADG1 auf. Der Sound, den man hier geboten
bekommt ist absolut erstklassig. Natursounds klingen unglaublich echt. Ob klingender
Stahl, knarzendes Holz oder das rascheln von Gras, komplexe Szenen mit vielen
Sounds, Regen oder Windrauschen bekommen unglaublich viel Volumen, so dass man
wirklich denkt mitten drin zu stehen. Mit dem ATH-ADG1 hört man erst einmal
wie viel Mühe sich Sounddesigner heute in guten Games und natürlich auch in
Filmen geben. Im Vergleich zum DT990 Pro klingt das Audio-Technica dabei weniger
analytisch und etwas natürlicher. Mit dem MMX300 liefert sich das ATH-ADG1 beim
Gaming ein Kopf an Kopf rennen und vermutlich werden hier die Unterschied in
der Beurteilung überwiegend auf den persönlichen Geschmack zurückfallen. Dem
MMX300 liegt der typische Aktion-Sound etwas mehr, dem ATH-ADG1 eben das Atmosphärische.
Alien: Isolation zum Bespiel lässt einem mit dem Audio-Technica schon nur durch
den Sound in das Spiel versinken.
Wechselt man von Games zur Musik, dann wird sofort klar wo Audio-Technica
seinen Ursprung hat. Auch wenn dem Kopfhörer insbesondere natürliche Instrumente
liegen, Jazz oder Klassik wie ein Gedicht wieder gegeben werden, muss das ATH-ADG1
vor anderen Genres nicht zurückschrecken. Die neutrale Abstimmung macht den
Kopfhörer zum Allrounder. Insbesondere Rock und Popp machten uns beim Probehören
extrem viel Spaß. Nichts wird übertrieben oder überzeichnet aber auch nichts
zu sehr in den Hintergrund gedrängt. Gerade bei moderneren Sounds fällt uns
der Bass des ATH-ADG1 am Ende sogar positiv auf. Etwas flacher und nicht ganz
so viel Kick, aber irgendwie immer auf den Punkt. Für echte Bassliebhabervielleicht
wohl etwas zu zurückhaltend, für uns aber genau richtig.
Bei schlechten Aufnahmen ist das ATH-ADG1 ein gnadenloser Henker. Einige
Lieblingstracks aus den 80ern von CD können schnell dazu führen vielleicht doch
wieder den guten alten Plattenspieler herauszuholen. Der ATH-ADG1 macht deutlich
wie schlecht doch die ersten Kopien von Analog zu Digital waren. Ganz anders
bei neuen modernen Aufnahmen egal aus welcher Ecke, sogar Dubstep. Die Geige
in Lindsay Stirlings Crystallize wird mit jeder Nuance wiedergegeben und das
auch dann, wenn der Bass seine Runden dreht. Apropos Bass, der ist hierbei alles
andere als zu lau, selbst über das Smartphone gehört, am Ende einfach gut!
Seinen größten Auftritt hat das ATH-ADG1 sicherlich bei Live-Aufnahmen. Die
Luftigkeit die das Headset versprüht sucht seines gleichen. Da kann das DT990
Pro definitiv nicht mehr mithalten, obwohl klar einer unserer Lieblingskopfhörer.
Das MMX300 liegt schon längst wieder gut verstaut in seiner Tragetasche. Phil
Collins "In the Air tonight" von "Serious Hits Live!" ist
wirklich fast wie Live. Und beim Drum Solo oder Home by the Sea der fast schon
zu perfekten Live Aufnahme der "Genesis The way we walk Tour", stehen
wir wieder in der ersten Reihe. Das ATH-ADG1 schafft es dabei sogar die Bühne
vor uns zum Leben zu erwecken. Und dabei ertappen wir uns wie wir das Headset
immer noch mal einen Ticken lauter stellen - deutlich lauter als üblich - weil
es einfach geht und immer noch genauso gut klingt und das fast bis zum Anschlag.
Frequenzverläufe / Disortion / THD / Impuls Response
Für interessierte Leser zeigen wir im Folgenden noch Screenshots aus unseren
Messungen zum Frequnzverlauf, Disortion, THD, Impulse Response, Burst Decay
und CSD.