In Anja Reschkes Stimme - der Panorama Moderatorin - schwingt
Unverständnis mit, als sie den
Zuschauer darüber aufklärt, dass die Panorama-Redaktion bezüglich ihrer
letzten Computerspiel-Berichterstattung online beschimpft wurde. Dass
der Grund hierfür die fehlerhaft-präsentierten Inhalte und die diversen
Falsch-Darstellungen
des Panorama-Magazins sein könnten, verschweigt sie jedoch. Einen viel
besseren Grund will man
stattdessen woanders gefunden haben. Und so revangiert sich Panorama
für die Online-Kritik mit der
neuen Berichterstattung über die
Suchtgefahr bei
Computerspielen.
Gezeigt wird ein pubertierender Jugendlicher, der sich gegen seine
Mutter auflehnt und seinem kleinen Bruder den Bienenstich weg isst.
Dieses Kapitalverbrechen ahndet Panorama mit drei Experten-Meinungen.
Zu Wort kommt Dr. Bert te Wildt, dies aber nur kurz, denn er verwendet
unspektakuläre Umschreibungen wie "wir können nicht genau abschätzen"
und
"ich glaube". Fakten kann er keine bieten, wie er ehrlich zugibt, da
dieses Thema
noch viel zu sehr in den Kinderschuhen steckt. Kein Problem für die
Panorama-Redaktion, so bemüht
man einfach die Suchtexpertin Dr. Sabine M. Grüsser-Sinopoli, die
davon
ausgeht, dass 6% bis 12% aller Computerspieler süchtig seien. Dies ist
für die Panorama-Redaktion das richtige Kanonen-Futter, so scheint es
zumindest. Dass die
Suchtexpertin das Problem aber nicht in den Computerspielen selbst,
sondern in
der
fehlenden Aufmerksamkeit, Zuwendung und Anerkennung sieht, möchte die
Panorama-Redaktion nicht berichten. Wie jedoch
ein anderes Interview der Frau Doktorin
zeigt,
haben glücklicherweise andere Redaktionen kein Problem damit, die ganze
Wahrheit zu berichten.
Ebenfalls sehr glaubwürdig tritt schließlich Prof. Dr. Christian
Pfeiffer auf,
der einen
Zusammenhang zwischen den schulischen Sitzenbleibern und den
Computerspielen vermutet. Wie wir herausgefunden haben, stützt er
sich dabei auf die Daten einer
KFN-Schülerbefragung von 2005. Dies
verschweigt aber die Panorama-Redaktion, denn in dieser Studie
werden nicht nur Computerspiele berücksichtigt, sondern auch der
Fernseh-Konsum und der familiäre Hintergrund
der Kinder, die beide einen ebenso starken Einfluss auf die
schulischen Leistungen nehmen, aber ganz offensichtlich nicht dem von der
Panorama-Redaktion gewünschten Feindbild entsprechen. Sehr interessant ist auch
eine weitere These, die der
Professor
vertritt. Nämlich das private und öffentlich-rechtliche
Nachrichten-Sendungen, zu Gunsten ihrer Einschaltquoten, ihre Inhalte
extrem dramatisieren, was zur Fehlinformation der Bevölkerung führt.
Dies verursache einen Teufelskreis aus blindem Aktionismus in der
Politik, ungerechtfertigt harten Strafen in der Straftatbemessung und
nicht zuletzt auch zu verunsicherten und verängstigten Bürgern. Doch
dafür hat das Panorama-Magazin leider auch
keine
Sendezeit übrig.
Ganz gleich was die Experten sagen und denken, für die Mütter der
gezeigten
Kinder stand von vornherein fest, dass nicht sie als Elternteil versagt
haben. Es ist ganz klar die Computerspiel-Industrie, die solche Spiele
herstellt und vertreibt. Fragt sich nur, woher das Geld stammt, mit dem
sich diese Schulkinder ihre spieletauglichen Computer aufrüsten und
mit dem sie diese Flut an
Computerspielen erwerben können. Doch auch für diese Wahrheit
interessiert man sich nicht bei der Panorama-Redaktion. Das Feindbild
ist schließlich schon vorgegeben und die Berichterstattung
dementsprechend mühevoll angepasst. Die Frage wohin so eine
Berichterstattung führen soll, konnte - oder wollte - man uns bisher
nicht
beantworten. Ironischerweise fehlt dafür dem Magazin mit dem Namen
"Panorama" wohl einfach nur der nötige Weitblick.
Für den zweifelhaften Panorama-Beitrag "Spiel ohne Grenzen: Wenn
Computersucht die Kindheit zerstört" sind mitverantwortlich: Stephan
Wels, Thomas Berndt, Michael Cordero, Sonia Mayr, Lars Hinrichs, Martin
Nowak und Anja Reschke. Falls Sie sich nun fragen,
warum wir diese Herrschaften so rühmlich auflisten. Dies geschieht aus
dem einfachen Grund, weil in diesem Moment Suchmaschinen und
Internet-Archivierungs-Dienste unter anderem auch diese Seite hier einlesen und es noch in Jahren und Jahrzehnten den Menschen
ermöglichen, nachzulesen, mit welcher Gewissenhaftigkeit sich so
mancher Redakteur um die Wahrheit bemüht.