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Seasonic Prime Titanium Fanless im Test (10/11)

Laustärke und elektronische Geräusche

Es klingt zunächst etwas eigenwillig wenn man zum Thema Laustärke bei einem passiven Netzteil schreibt, aber tatsächlich gab es in der Vergangenheit passive Netzteile, die durch elektronische Geräusche zum Teil lauter waren, als aktive Netzteile mit besonders leisem Lüfter. Auch wenn diese Geräusche in der Regel nicht besonders "laut" sind, so sind sie aufgrund ihrer hohen Frequenz für viele besonders "nervig". Schon ein leises dauerhaftes Pfeifen bringt viele Silent-Freaks auf die Palme.

Das große Problem mit den elektronischen Geräuschen ist, dass sie anders als Lüftergeräusche nicht dauerhaft und nur unter bestimmten Bedingungen auftreten. So kann es zum Beispiel passieren, dass ein Netzteil in einer bestimmten PC-Konfiguration zu pfeifen beginnt, in anderen Kombinationen aber nicht. Wenn man sich auf die Ursachenforschung begibt, so landet man schnell bei einem wesentlichen Aspekt. Belastungsschwankungen, die vor allem durch Grafikkarten verursacht werden, machen Netzteilen ordentlich zu schaffen.

Grafikkarten erzeugen keine konstanten Belastungen, sondern wechseln zwischen hohen und niedrigen Belastungen in extrem hohen Frequenzen. Diese schnell wechselnden Belastungen können in Netzteilen zu einem elektronischen Pfeifen führen. Sie haben aber noch einen anderen Effekt und zwar führen wechselnde Belastungen zu Schwankungen der Ausgangsspannungen, die dann ihrerseits wieder die angeschlossenen Komponenten beeinflussen.

Wie kann man "Netzteilfiepen" testen?

Wie kann man ein solches Fiepen nun aber testen, also unter reproduzierbaren Bedingungen erzwingen und dann auch noch messen? Der erste Teil dieser Frage lässt sich leicht beantworten, denn unsere Chroma bietet spezielle Tools und Optionen um dynamische Lasten zu testen, die jedes Netzteil wenn wir wollen aus dem letzten Loch pfeifen lässt. Für den hier von uns ausgeführten Test haben wir unser Chroma-Setup noch einmal hochgerüstet und um eine 600-Watt-High-Speed-Last vom Typ 63306 erweitert, die in der Lage ist dynamische Lasten mit einer Frequenz von 20 KHz und einer Slew-Rate (Steigung) von 5000 mA/µS zu generieren. Die Last kann also zwischen 0 und 600 Watt  (50 A) mit einer Frequenz von 20 KHz  (20.000 mal pro Sekunde) wechseln und braucht 10 µS für einen Lastwechsel zwischen Low und High. 20 KHz entsprechen übrigens einer Periode von 50 µS.


(Verschiedene Chroma DC-Loads bis 1200 Watt und 20 KHz)

Das ist aber nur eine einzelne Last, mit der wir zum Beispiel ein Grafikkarte simulieren können. Insgesamt besitzen wir Lasten für über 2000 Watt, wir könnten also im Prinzip ein Netzteil mit 20 KHz zwischen 0 und 2000 Watt "schwingen" lassen.

Für unser 600 Watt Seasonic Netzteil reichen uns aber dieses mal 540 Watt, was etwa zwei Grafikkarten mit 250 Watt TDP entspricht. Für den Test fahren wir verschiedene Frequenzen von 100 Hz bis 20 KHz im Wechsel zwischen 5 und 45A und können uns dann das Verhalten der Spannung auf der PCIe-Leitung des Netzteils anschauen.

Im den folgenden Bildern sehen wir Beispiele wie die Spannungen des Seasonic Prime Titanium bei verschiedenen Frequenzen schwanken und es wird recht schnell klar, dass diese bei hohen Frequenzen weniger weit ausschlagen als bei niedrigen. Gemessen wird hier immer direkt hinter dem Kabelanschluss.


(Spannungsschwankungen bei 20 KHz vs 10 KHz)


(Spannungsschwankungen bei 1000 Hz vs 100 Hz)

Was auf der einen Seite positiv ist, ist aber auf der anderen negativ, denn niedrige Frequenzen ändern zwar die Spannungen drastischer, sie produzieren aber keine "Fiep-Geräusche", sondern maximal ein leichtes Ticken und das auch nur bei schlechten Netzteilen. Das Seasonic Prime Titanium Fanless gibt keine für uns hörbaren Grundgeräusche bei langsamen Lastwechseln wieder. Fiepen beginnet hörbar erst ab Frequenzen von 1000 Hz und höher.

Was uns zum zweiten Problem der obigen Frage bringt. Wie messen wir nun das Fiepen des Netzteils. Dazu muss man wissen, dass die Chroma auch bei hohen Frequenzen keine Fiep-Geräusche erzeugt, sie aber durch die Kühlung ein Rauschen von gut 40 dBA in den Raum wirft. Das macht natürlich eine absolute Laustärke-Messung quasi unmöglich.

Und deshalb behelfen wir uns eines Tricks. Wir messen einfach mit unserem Equipment die Differenz der Umgebungslaustärke, mit Netzteil bei lastfreiem Betrieb (ohne Fiepen) und bei dynamischen Belastungen (mit Fiepen). Dabei beschränken wir uns auf den Messbereich oberhalb von 5 KHz, denn unterhalb dieser Marke sehen wir beim Seasonic Prime Titanium Fanless keine Veränderungen, die in unserer Umgebung zu messen sind.


(Vergleich Netzteil ausgeschaltet (rot) und eingeschaltet ohne Belastung (schwarz))


(Vergleich Netzteil ohne Last (rot) und mit dynamischer Belastung von 7 KHz (schwarz))

Die Ergebnisse, die wir so erhalten, zeigen uns wie sich die Geräuschkulisse unter heftigen wechselnden Belastungen ändert. Im obigen Diagramm lassen sich Frequenzen, die unter -120 dB  liegen, kaum war nehmen, so dass die rote Kurve "Stille" repräsentiert. Die schwarze Kurve unten, die das Netzteil unter Belastung mit 7 KHz zeigt, zeigt einige deutliche Ausschläge. Diese können wir nun besser sichtbarmachen, indem wir einfach die Differenz der beiden Messungen (mit und ohne Last) auswerten.

Damit werden genau die Frequenzen sichtbar, die man als Fiepen wahrnehmen kann.  In dieser Konfiguration durchwandern wir dynamische Lasten von 1 KHz bis hin zu 20 KHz und suchen uns die Stelle, an der das Netzteil maximale Geräusche produziert. Beim Seasonic Prime Titanium Fanless, ist das der Fall bei dynamischen Lasten zwischen 6 und 7 KHz. Darüber und darunter nimmt die Laustärke deutlich ab.


(Das maximale Fiep-Geräusch bei einem Lastwechsel von 5 auf 45 A mit 7 KHz Frequenz)

Die Differenzbildung zeigt uns bei einer Belastung mit einer 60/540 Watt dynamischen 7 KHz Last, dass sich genau drei Frequenzen im Netzteil ausbilden. die in etwa auf gleicher Höhe in dB landen. Diese liegen bei etwas über 7 KHz, bei etwa 15 KHz und bei über 20 KHz. Leider sind in unserer Messung die dB-Angaben nicht absolut, da wir aus einer Entfernung von 12.5 cm messen. Grob kann man aber schätzen, dass sich pro Verdoppelung des Abstands der Pegel um -6 dB ändert. In unserem Setup müssten die Werte also um etwa -18 dB angepasst werden. Eine Pegelerhöhung wie hier um 38 dB entsprich also etwa grob 20 dB, die wir in diesen Frequenzen sehen können.

Und wie fiept das Prime Titanium Fanless nun? 

Was können wir nun aus unserem kleinen Experiment herauslesen. Im Ergebnis können wir nicht nur in Form von echten Messung sondern auch vom Gehör aus sagen, dass das Seasonic Prime Fanless zwar unter härtesten Bedingungen nicht komplett frei von Fiepen ist, der Level aber gerade bei sehr hohen Frequenzen eher niedrig ausfällt. Im Praxisbetrieb ist in unseren Kombinationen kein deutlich hörbares Fiepen aufgetreten. Leider ist es aber natürlich für uns unmöglich sämtliche Kombinationen von Hardware auszutesten, weshalb wir eben genau diesen Test hier entwickelt haben. Im Laufe der Zeit, wenn wir mehrere passive Netzteile getestet haben, werden wir daher vermutlich eine recht gute Einschätzung über das Netzteilfiepen vornehmen können. Gerne könnt ihr uns eure Erfahrungen zu dem Thema auch im Netzteil-Forum mitteilen, so dass unsere Testmethode dahingehend noch erweitern können.

Unten zeigen wir euch noch die Ergebnisse aus den Messungen von 1000 Hz bis 20.000 Hz, wobei die deutlichsten Geräusche zwischen 6 und 7 KHz auftreten.


(1000 Hz und 5000 Hz)


(6000 Hz und 7000 Hz)


(10000 Hz und 20000 Hz)

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