AMD Beema und Mullins: Mobile APUs der 3. Generation (2/2)
STAPM: Kleines Akronym mit großer Wirkung
Die kryütische Abkürzung STAPM steht für Skin Temperature Aware Power
Management und ist ein völlig neues Feature der mobilen APUs von AMD.
Hinsichtlich des Einsatzgebietes in Tablets, in denen die APUs meist passiv
gekühlt werden, hat sich AMD Gedanken über die Wärmeentwicklung gemacht und
wartet mit einer sehr intereessanten Lösung auf. Dabei muss zunächst
unterschieden werden, was einerseits eine angemessene Betriebstemperatur für
den APU-Chip selbst (Tj) und was andererseits eine angemessene
Betriebstemperatur für die Hände des Nutzers (Tskin) ist.
Während die Mullins-APUs erst ab einer Temperatur von etwa 100°C
gefährdet wären, die über das Gerätegehäuse abgeführt werden müsste, hätte
sich der Anwender bis dahin bereits veritable Verbrennungen an den
Extremitäten zugezogen. Aus diesem Grund muss die Abwärme der Chips auf ein
Niveau reduziert werden, das nicht nur die Gesundheit des Gerätenutzers
schont, sondern durch das auch die Thermorezeption "angenehm" ausfällt: Ein
Tablet soll sich auch in gesundheitsverträglichem Maße nicht heiß anfühlen.
Die Reduktion (Deckelung) der maximalen Abwärme geht bei Mikroprozessoren
natürlich immer auch mit einer Reduktion (Deckelung) der maximalen
Leistungsfähigkeit einher; Weniger Temperatur wird über geringere
Energiezufuhr erreicht, die wiederum die Reduzierung von Takten und/oder
Abschaltung von Teileinheiten des Chips erfordert. Etwas plakativ
formuliert: Je kühler, desto lahmer.
Da es aber - abhängig von Gerätekonstruktion und -beschaffenheit sowie
Einsatzumgebung - eine Weile dauert, bis die Außenhülle des Gerätes durch
den Chip soweit aufgewärmt ist, dass es sich unangenehm anzufühlen Gefahr
läuft, hat AMD in den APUs der dritten Generation eine weitere Variante des
dynamischen Energiemanagements implementiert: Turbo-Takte der neuen APUs
sind nicht mehr nur davon abhängig, welche Temperatur für den Chip
verträglich ist und welche seiner Einheiten aktiv sind, sondern wie warm der
Gerät insgesamt ist und wird. Damit ermöglicht die STAPM-Technologie für den
Zeitraum, die das Gerät benötigt um sich bis zum Grenzwert zu erwärmen, mehr
Leistungspotenzial, als wenn AMD die APUs statisch auf ein "unkritisches"
Leistungsniveau trimmen würde.
Der Clou an STAPM ist, dass AMD ihm auch einen Intelligent Boost an die
Seite gestellt hat, um Batterielaufzeiten zu erhöhen. Der Ansatz ist dabei
folgender: Aufgaben, die von höheren Taktraten profitieren, verhalten sich
weitgehend energieneutral. Ein Beispiel wäre die CPU-seitige Bearbeitung
eines Bildes, bei der die Berechungen der am Bild vorgenommenen Änderungen
bei 1 GHz Takt 20 Sekunden in Anspruch nehmen. Beträgt der Takt 2 GHz,
halbiert sich die Bearbeitungsdauer auf 10 Sekunden. Während die APU für 2
GHz zwar mehr Energie benötigt als mit 1 GHz, so konsumiert sie aber für
einen Zeitrum von 10 Sekunden wiederum deutlich weniger Energie als mit 1
GHz. Dies gilt nicht nur für den CPU-Takt, auch andere Teileinheiten
(beispielsweise der Speichercontroller) der APU können ihren Energiekonsum
zu einem früheren Zeitpunkt reduzieren. Insgesamt kann sich dadurch im
Optimalfall sogar ein Gewinn hinsichtlich der insgesamt zur
Aufgabenabarbeiteung benötigten Energie einstellen, wovon Akkulaufzeiten
profitieren.
Die Herausforderung bei einem solchen Ansatz ist, dass gemessen an
Energieverbrauch und wahrnehmbarer Leistung längst nicht jede Arbeitsaufgabe
von höheren Takten profitiert. Ein simples Beispiel dafür wäre ein
Videospiel, dessen Bildwiederholrate spielseitig auf 60 Frames Pro Sekunde
begrenzt ist. Gesetzt den Fall, die APU könnte theoretisch die nötige
Leistung bereitstellen, um 120 FPS zu liefern, so würde sie dafür nur unnütz
Energie verbrennen. Denn mehr als 60 FPS werden durch das Spiel nicht am
Bildschirm angezeigt, jeder zweite Frame würde sich in (warme) Luft
auflösen.
Festzustellen, ob eine Aufgabe von mehr Takt profitiert oder nicht, ist
der Zweck des Intelligent Boost. Dieser Mikrocontroller wertet in Echtzeit
das Verhalten von Anwendungen in Abhängigkeit von bereitgestellten Taktraten
aus. Stellt der Intelligent Boost Controller fest, dass eine Aufgabe nicht
von höheren Taktraten profitiert, so wendet er den Turbo-Takt nicht an. So
schließt sich dann der Kreis zu STAPM, denn weniger oder kein Turbo bedeutet
weniger Wärmeentwicklung und damit ein kühleres Gerät.
I/O-Optimierungen für geringeren Energiebedarf
Auch wenn AMD die CPU- und GPU-Cores weitgehend unangetastet lies, so hat
das Unternehmen an den I/O-Schnittstellen der Beema und Mullins SoCs
Optimierungen vorgenommen. Der Single-Channel Speichercontroller kann
einerseits mit noch genügsamerem DDR3L-1333 Speicher umgehen, wodurch sich
laut AMD Einsparungen von über 500 Milliwatt ergeben. Bis zu 200 Milliwatt
weniger als die Vorgänger-APUs sollen sich beim Anschluss höchauflösender
Bildschirme an die Radeon Grafik via DisplayPort ergeben. Insbesondere die
Akkulaufzeit von Geräten mit Mullins-APUs dürften davon profitieren.
Andererseits wird die durch Single Channel eingeschränkte Datenbusbreite
bei den Beema-APUs durch einen höheren Speichertakt an die gestiegene
Rechenleistung der Chips angepasst. Bis zu 1866 GT/s sind nun möglich.
Theoretisch gut aufgestellt
AMD ruht sich sichtlich nicht auf den bereits eingeheimsten Lorbeeren
seiner immens erfolgreichen Low-Power-APU-Sparte aus, sondern legt fleißig
nach. Mehr Funktionen, mehr Features, mehr Leistung und das bei weniger und
ausgeklügelterem Energieverbrauch werden mit Mullins und Beema ins Feld
geführt. Auf dem Papier sieht das hervorragend aus. Der schwierigste Teil
steht dem Unternehmen aber noch bevor: Seine hervorragenden SoC-Lösungen
auch in hervorragenden Consumer-Geräten unterzubringen - daran haperte es
mit Kabini und Temash im europäischen Markt noch gewaltig, insbesondere bei
Tablets.