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Kolumne: NVIDIA und die Cartoons

Samstag, 07. Nov. 2009 00:44 - [jm] - Quelle:Eigene

NVIDIA veröffentlicht seit kurzer Zeit Cartoons, die darauf abzielen, Intel zu diffamieren.

Man reibt sich verwundert die Augen. NVIDIA, bekannt und berüchtigt für leistungsstarke Grafikkarten, veröffentlicht Cartoons. Das ist für ein Technologie-Unternehmen ein eher ungewöhnlicher Schritt, schließlich werden Cartoons nicht von potenten GPUs gerendert, sondern sind gute, alte Handarbeit.

Nun gut, eine PR-Kampagne zum Co-Marketing des Spiels "Batman: Arkham Asylumn" wäre naheliegend. Schließlich wurde Gotham City's Held im Jahr 1939 bei DC Comics ganz klassisch in bunten Bildchen mit Sprechblasen geboren. Aber diesen Weg wählt NVIDIA bei seinen Cartoons nicht; es geht um etwas anderes.

Besagte Cartoons sind einzig und alleine darauf ausgelegt, dem Halbleitergiganten Intel in die Parade zu fahren. Wahlweise werden hierzu Motive aus den Bereichen Religion (Moses und die 10 Gebote), Filmklassiker (Der Pate), Politik (Anspielung auf Bill Clintons Meineid), Halloween ("Trick or Treat") und Terrorismus (Tickende Bombe) verwendet.

Was haben all die Cartoons gemeinsam? Das lässt sich auf zwei Aspekte reduzieren. Einerseits werden Intels Geschäftspraktiken gegeiselt, zum anderen Produkte von Intel lächerlich gemacht. Ob zurecht oder zu Unrecht, das mag im Einzelfall der Betrachter für sich persönlich selbst entscheiden. Fakt ist, dass die EU-Kommission Intels Geschäftspraktiken als illegal erachtet und daher ein Rekord-Bußgeld verhängte. Fakt ist auch, dass im US-Bundesstaat New York kürzlich ein Kartellverfahren gegen Intel eingeleitet wurde.

Nur wie weit darf sich NVIDIA hier aus dem Fenster lehnen, das ist die große Frage! Darf ein Unternehmen, das im Verdacht steht, das DirectX 10.1 Spiel "Assasins Creed" mangels eigener geeigneter Produkte und durch Druck auf den Publisher zu einem DirectX 10 Game kastriert zu haben, solche Vorwürfe erheben? Ein Unternehmen, das Konkurrenzprodukte von ATI nachweislich per Vendor-ID Check im Spieletitel "Batman: Arkham Asylumn" um einen Anti-Aliasing Modus bringt? Eine Umgehung der Vendor-ID beweist nämlich, dass Anti-Aliasing in allen Formen auf ATI Grafikkarten anstandslos funktioniert - technische Gründe sind demzufolge ausgeschlossen.

NVIDIA selbst deaktiviert die eigene CUDA-Technologie "PhysX" in einem System per Treiber komplett, sobald eine Grafikkarte von ATI erkannt wird. Wohlgemerkt geht es in diesem Fall nicht darum, dass die CUDA-Technologie auf Grafikkarten der Konkurrenz verhindert werden soll. Sondern darum, dass NVIDIA für die eigenen Karten PhysX dann deaktiviert, wenn sich zusätzlich ATI-Produkte im System befinden.

Genauso ist es hinsichtlich der "Bumpgate"-Affäre, die es zu trauriger Berühmtheit brachte, befremdlich, wie sich NVIDIA die Geschäftspraktiken von Intel anzuprangern anmaßt. Zur Erinnerung: durch einen Fertigungsfehler bei mobilen GeForce Grafikchips kam es reihenweise zu Ausfällen bei Notebooks. NVIDIA leugnete auch dann noch die Existenz des Problems, als sich diverse Hersteller wie Dell oder Hewlett Packard schon längst mit Updates für das BIOS und besonderen Garantieleistungen um die Kundschaft kümmerten.

Nein, was den ehrlichen und aufrichtigen Wettbewerb angeht sollte NVIDIA nicht den ersten Stein werfen, dazu wendet das Unternehmen selbst nur allzu oft schmutzige Tricks an, die am Ende ganz eindeutig zu Lasten der Kunden gehen.


Es bleibt noch der zweite Aspekt, der Angriff auf Intels "Larrabee". Man möchte fast sagen, dass hier der Hund in den eigenen Schwanz beißt. Denn Intels Larrabee-Projekt ist das Spiegelbild zu NVIDIAs "Fermi".

Während Intel sich zum Ziel gesetzt hat, mittels mehrerer x86-basierter Prozessoren eine Grafikkarte zu bauen, so zielt NVIDIAs "Fermi" darauf ab, möglichst eine Vielzahl von Compute-Anwendungen auf der GPU auszuführen; nicht umsonst wird Fermi aufgrund der angekündigten Spezifikationen auch gerne als "cGPU" bezeichnet. Einfach und grob ausgedrückt: Intel nähert sich der GPU mit CPU-Technologie an und NVIDIA versucht mit GPU-Technologie in Reichweite der CPUs zu kommen.

Eine Wertigkeit zwischen beiden Ansätzen lässt sich derzeit schlecht ableiten, denn sowohl Intels Larrabee als auch NVIDIAs Fermi befinden sich bis dato im Entwicklungsstadium. Wobei allerdings erwähnt werden sollte, dass Intel sich bislang nicht dazu hinreißen ließ, ein Pseudo-Produkt in die Luft zu halten, das von Holzschrauben zusammengehalten wurde.

Vielleicht sollte NVIDIA weniger Aufwand auf zweifelhafte Cartoons verwenden, sondern endlich mit dem vollmundig angekündigten Fermi ein echtes Argument liefern.
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