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Die bösen Killerspiele

Dienstag, 21. Nov. 2006 19:12 - [jp]

Noch während die polizeilichen Ermittlungen im Fall Emsdetten laufen dürften, haben die Politiker bereits die Schuldigen gefunden: Die Killerspiele sind es - natürlich.

Ein Hinweis vorweg: Diese News wird persönliche Meinungen des Autors beinhalten, ähnelt also eher einer Kolumne. Eine News sollte rein sachlich sein, nur lässt sich das bei dieser Thematik nur schwer bewerkstelligen.

Ein Amoklauf wie in Emsdetten ist natürlich traurig und wirft ebenso natürlich Fragen auf. Es drängt sich aber der Verdacht auf, dass sich "unsere" Politiker die falschen Fragen stellen. Oder geht es ihnen nur darum, möglichst eine gute Presse zu haben?

Es mutet schon ein wenig verwundernd an, wie einig sich die Politiker plötzlich sind. Die Killerspiele sind an allem Schuld, das liegt offenbar auf der Hand. Schließlich hat auch der Täter von Emsdetten Counter-Strike gespielt. Stoiber nennt die Spiele "Indiskutable Machwerke", und die gehören verboten.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann sieht das ähnlich und fordert ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot. Fast schon ironisch wirkt, dass Herr Schünemann Mitglied in einem Schützenverein ist. Der Mann "ballert" in seiner Freizeit also mit realen Waffen "herum", verurteilt aber gleichzeitig die Spiele, in denen mit virtuellen Waffen hantiert wird.

Die ganze Nation ist erschüttert, verständlicherweise. Ein Schelm, wer nun denkt, dass Politiker das für die eigene Publicity nutzen könnten. Allerdings kann man sich sehr leicht vorstellen, wie ahnungslose (bezogen auf die Computerspiele) Menschen vor dem Fernseher oder der Zeitung sitzen, die Zitate der Politiker hören oder lesen und denken "Jo, Recht hat er - weg mit dem Mist".

Es ist ja auch eine einfache Formel: Wer im virtuellen Leben tötet, tut dies auch ganz schnell im realen Leben. Das lässt sich gut verkaufen, Millionen von BILD-Lesern werden zustimmend nicken. Das freut das Politiker-Herz, denn irgendwann sind wieder Wahlen und Wählerstimmen sind das A und O.

Komischerweise fragt sich keiner der Politiker, woher die Täter denn die Waffen haben. Denn das ist doch das eigentliche A und O (von einer fragwürdigen Psyche der Täter einmal abgesehen). Wer Mitglied im einem Schützenverein ist, bekommt relativ problemlos eine sogenannte Waffenbesitzkarte - und darf damit Waffen kaufen. Nun, als Herr Schünemann würde ich das auch nicht unbedingt an die große Glocke hängen. Womöglich hat er als Mitglied eines Schützenvereins sogar selber reale Waffen im Haus.

Das soll nun nicht heißen, dass man Schützenvereine verbieten muss. Auch der Schießsport ist ein Sport (ich denke, da wird Herr Schünemann zustimmen), nicht mehr und nicht weniger. Nur sollten die Politiker auch mal darüber nachdenken, dass nicht jeder, der Mitglied eines Schützenvereins ist, automatisch zum Serienkiller wird (obwohl der prozentuale Anteil durchaus interessant wäre). Ebenso wird auch nicht jeder, der Killerspiele (schon die Bezeichnung ist negativ) spielt, automatisch zum Amokläufer - denn dann hätten wir Millionen solcher Täter.

Man könnte das Thema ewig weiterspinnen. Bei der Bundeswehr beispielsweise lernt man, mit realen (!) Waffen umzugehen und "spielt" quasi Krieg. Klar, die Zielsetzung ist, dass man sein Vaterland verteidigen oder andernorts "helfen" kann. Nichtsdestotrotz lernt man dort das Töten, wenn man es mal krass formulieren möchte. Muss man die Bundeswehr nun auch abschaffen? Und wenn wir schon dabei sind, was ist mit der Ausbildung zum Polizisten?

Amokläufer gab es immer und wird es immer geben, zumindest solange, wie diese relativ einfach an Waffen kommen. Die Ursache kann man nicht bekämpfen (und erst Recht nicht durch ein Verbot der Killerspiele), das Beschaffen der Waffen allerdings schon.

Was würde wohl beispielsweise ein Stoiber sagen, wenn nach dem Verbot von Killerspielen jemand Amok läuft? Dann wäre der "nahe liegende" Schuldige plötzlich nicht mehr da. Wahrscheinlich wären es dann Action- oder Horror-Filme oder bestimmte Musik-Sparten - das kann man auch gut verkaufen.
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