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Meinung: AMD Richland, geboren um zu sterben

Donnerstag, 06. Jun. 2013 22:49 - [jm]

Die Gesetze des Marketings sind ganz eigene, habe ich mir erklären lassen. Deshalb gibt es Menschen, die dieser Tätigkeit professionell nachgehen und aktuelle Trends aufgreifen. Bei AMD setzen sie dabei offenbar auf Obsoleszenz - haben aber etwas gründlich mißverstanden.

Marketing ist so eine Sache. Da sind die Wiesen immer ein wenig grüner als in Wirklichkeit, da fließt ein Getränk in der Regel in Zeitlupe in ein Gefäß, da hat der Verkäufer exakt das beste und neueste Produkt für (je)den Kunden. Die Marketing-Welt ist immer ein bisschen bunter und besser als die Realität und das zu vermarktende Objekt ist selbstverständlich über jeden Zweifel erhaben.

Nur bei AMD nicht. Da ist bereits alt, was heute erst auf den Markt kommt. So geschehen beim Launch der "Richland" Desktop-APUs am Mittwoch 06:01 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit. Das Unternehmen legt großen Wert darauf, dass sämtliche Medien frühestens (lies: genau) dann veröffentlichen und sich somit freiwillig oder notgedrungen zum Teil der Marketingkampagne machen.

Das ist soweit normal, das ist in Non-Disclosure-Agreements so besiegelt, so handhabt das die gesamte Industrie.

Sicherlich nicht normal ist, das Nachfolgeprodukt eines soeben erst im Handel erhältlichen Produkts an exponierter Stelle und bei prominenter Gelegenheit anzupreisen. So geschehen ebenfalls an besagtem Mittwoch, den 5.6.2013: Das Netz hatte sich gerade erst einigermaßen vom Rush der "Richland"-Berichterstattung erholt, Google sortierte noch die Positionen, da stellten sich Unternehmensvertreter von AMD in Fernost im Rahmen der Computex-Messe auf eine Bühne und beglückten die Welt mit einer Produkt-Demo der "Kaveri"-Chips.

Das ist in etwa so, als würde Audi zum Marktstart des neuen A8 (wie passend) verkünden, dass das Nachfolgemodell bereits in wenigen Monaten erhältlich wäre und es zum Beweis in beachtlicher Zeit eine Runde um den Nürburgring drehen liese. Und sich anschließend auch noch wundern würde, warum nur eine Hand voll ver(w)irrter Seelen die Autohäuser aufsucht, um den neuen A8 zu erstehen.



AMDs Lisa Su erklärt also die Vorzüge von "Kaveri" und damit die Nachteile der aktuellen (brandneuen) Desktop-APUs:

"Kaveri is really the future of processing"
"and what we're doing in Kaveri is we're even bringing the APU concept to the next level"
"we have just started, we have not unlocked the entire power of the graphics capability"
"we will actually begin shipping Kaveri in 2013 towards the end of the year"

AMD gelingt das Kunststück, "Richland" zum Marktstart schon für obsolete Technologie zu erklären. Wer Frau Su nun beim Wort nimmt, der kauft doch keine "Richland"-APU mehr, sondern wartet noch ein paar Monate auf den viel besseren "Kaveri". Da frage ich mich durchaus, ob es in der Fachliteratur zum Marketing irgendwo ein Kapitel gibt in dem beschrieben wird, es sei vorteilhaft für Unternehmen, sich selbst in den Fuß zu schießen? Ich kann mir das zwar schlecht vorstellen, aber andererseits: Marketing und Realitätsbezug haben ja ohnehin selten miteinander zu tun. Leider.
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